„Warte auf mich!“, hörte er eine Kinderstimme hinter sich, doch als er sich umdrehte, war niemand zu sehen außer einem älteren Ehepaar, das sich in einer fremden Sprache unterhielt. Er verlangsamte seinen Schritt, ließ die beiden vorübergehen und blieb vor einer Mädchenstatue stehen, der das dämmrige Licht ein so lebendiges Aussehen verlieh, dass es schien, als wäre es an Ort und Stelle versteinert worden. Herznah hielt sie einen kleinen, gebundenen Blumenstrauß in der einen Hand und stützte diese vorsichtig mit der anderen, als ob sich die Hände nicht berühren sollten. Ihr Körper war mit einer weiß-türkisen Patina überzogen, die sich wie Blut in einem dicken Strich über die Stirn zur Nase zog und von dort beidseitig ihren Weg zum Kinn und darüber hinaus suchte. Wohin ging der Blick des Mädchens, wohin sahen die leeren, ausdrucksstarken Augen? Und weshalb umrandete ein hoher Zaun die Statue, dessen Enden Speerspitzen glichen?
(Auszug aus dem Roman „Nicht im Traum“, S. 25, www.editionlaurin.at)
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