In diesem Buch, das in Form und Präzision eine bisher noch nicht vorgelegte Kritik von Roland Barthes Autorkonzept darstellt, wird Barthes zentrale These von der Geburt des Lesers, die im Tod des Autors resultiert, mit dem Autorkonzept Paul Celans konfrontiert, für den das Gedicht die Gegenwart einer Person darstellte.
Der Ansatz unterscheidet sich von neueren literaturwissenschaftlichen Kritiken dadurch, dass es nicht um eine verharmlosende Relativierung von Barthes radikaler Position geht, sondern vielmehr sein Ansatz beim Wort genommen, aber mit einer nicht minder radikalen Verteidigung des lebendigen Autor-Subjekts bei Paul Celan kontrastiert wird. Erstmalig kommt die von Barthes vernachlässigte Gattung der Lyrik zum Tragen und wird vor allem auch die geschichtliche Reflexion der Shoa miteinbezogen als Kontext beim Versuch, die Instanz des Autors zum Verschwinden zu bringen. Eine derartige Konstellation würde eine polemische Abrechnung mit Roland Barthes Auslöschung des Autors leicht machen, noch dazu, wenn man die Wiederkehr des Autors beim späteren Barthes einbeziehen wollte. Der Autor verweigert sich zu Recht einer derartigen Polemik und gewinnt, indem er das Dialogische, im Sinn von Celans Meridian-Poetik, das Verbindende und wie das Gedicht zur Begegnung Führende betont, die Möglichkeit einer viel differenzierteren Einsicht in die Position beider Autoren. (Hans Höller)
„Unsere heutige Kultur beschränkt die Literatur tyrannisch auf den Autor, auf seine Person, seine Geschichte, seinen Geschmack, seine Leidenschaften.“ Diese Zeilen – entnommen dem Essay Der Tod des Autors – wurden 1967 erstmals in der Zeitschrift Aspen Magazine unter dem Titel The Death of the Author veröffentlicht und werden einem Autor zugerechnet, der nachdrücklich dafür eintrat, den Autornamen aus der Welt zu schaffen: Roland Barthes. Heute ist sein kontroverser Essay Bestandteil der Literaturwissenschaft und zugleich Losung für einen Textzugang, bei dem der Leser als zentrale Instanz hervorgeht. Auch wenn sich Barthes im Tod des Autors nicht explizit auf Lyriker, sondern Romanautoren bezog und er in seinen Werken der Lyrik generell wenig Aufmerksamkeit zumaß, soll der Essay als Grundbaustein für eine Reihe kritischer Hinterfragungen in Hinblick auf Celan dienen.
„Diese Lyriker! Letzten Endes muß man ihnen denn doch wünschen, daß sie eines Tages einen richtigen Roman zu Papier bringen“, pointierte Celan 1958 als Antwort auf eine Umfrage der Pariser Librairie Flinker. Zweifellos ist es hinsichtlich seines Œuvres unumgänglich, nicht von seinen Gedichten Abstand zu nehmen, in die er ein Äußerstes an menschlicher Erfahrung in dieser unserer Welt und dieser unserer Zeit“ einbrachte.
Beim Tode! Lebendig! Paul Celan im Kontext von Roland Barthes‘ Autorkonzept.
Broschiert, 100 Seiten
ISBN: 978-3826033292
Königshausen & Neumann
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