Eine Stunde später saßen die beiden am Esstisch und löffelten Zwiebelsuppe, die Marta zubereitet hatte und zu jenen Gerichten zählte, die Selander seit seiner Kindheit mit Siechtum, Übelkeit und Brechreiz verband. Er hatte sich seinen Morgenmantel übergezogen, und seine Füße waren von Marta, nachdem sie ihn von den Essigwickeln befreit hatte, in dicke Schafwollsocken gesteckt worden. Zufrieden lächelnd saß sie in ihrem Hosenanzug neben ihm, während er mit hochrotem Gesicht und schweißnassem Haar die Peinlichkeit des gemeinsamen Dinierens eindringlich spürte. Zu seinem Entsetzen begann auch noch der Geiger zu spielen, als hätte er nur auf seinen Einsatz gewartet und müsste dem Abendessen mit aller Gewalt einen feierlichen Rahmen aufzwingen.
„Schön, die Musik. Ist das Bach?“, fragte Marta und bewegte ihren Kopf rhythmisch zur Melodie.
„Das ist nicht Bach, das ist Krach!“, sagte Selander gereizt und rührte mit dem Löffel in der Suppe. In diesem Moment wünschte er sich nichts sehnlicher, als allein zu sein, allein in seinem Bett zu liegen, allein mit seinen Kopfschmerzen und seinen Gliederschmerzen, allein mit dem hohen Fieber und dem Schweiß auf der Stirn, allein mit seinen schweißnassen Essigfüßen, vor allem wünschte er sich keine Zwiebelsuppe und kein Gegenüber im Hosenanzug, das sich mit dem Teufel in Person solidarisiert hatte und im Rhythmus seiner Musik wippte. Für einen Moment dachte er sich ins Eis der Arktis und spürte knirschenden Schnee unter seinen Füßen, vor Kälte starre Luft und Stille, vor allem die Stille konnte er fühlen, und er hörte das Brummen von Eisbären, die sich rasch näherten auf der Suche nach Zwiebelsuppenköchinnen und frischem Geigerfleisch.
(Auszug aus dem Roman Nicht im Traum)
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